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„Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten“ von Domenico Dara

von Marie
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Rezension zu Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten von Domenico Dara

Werbung: Herzlichen Dank an Kiepenheuer & Witsch für das Rezensionsexemplar.

Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten (OT: Malinverno) von Domenico Dara.
Am 06.07.2023 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Aus dem Italienischen übersetzt von Anja Mehrmann.
ISBN: 978-3-462-00581-3 / 416 Seiten

Das Cover von Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten zeigt das Bild „The Gardens of Villa d’Este, Tivoli“ von Jean-Baptiste Camille Corot, einem französischen Landschaftsmaler. Ich kenne mich mit Kunst (leider) gar nicht aus, aber dieses Bild gefällt mir und hat mich auch sofort angesprochen, als ich Domenico Daras Buch zum ersten Mal gesehen habe. Es passt sehr gut zur Geschichte – und wie mir die gefallen hat, erfahrt ihr in der folgenden Rezension.

Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten – worum geht es?

Die Geschichte spielt in dem fiktiven italienischen Dorf Timpamara, in dem der Bibliothekar Malinverno eine zusätzliche Aufgabe erhält: Er soll sich ebenfalls um den dorfeigenen Friedhof kümmern. Anfangs unwillig gefällt ihm die Aufgabe immer mehr, besonders als er ein namenloses Grab mit dem Foto einer bildschönen Frau entdeckt. Wer ist die Frau? Warum sind keine Daten vermerkt? Noch mysteriöser wird es, als eines Tages eine Frau auf dem Friedhof erscheint, die das genau Abbild dieser Fotografie ist.

Wenn ich bestimmen sollte, in welchem Moment mir klar wurde, dass ich mich in Ofelia verliebt hatte, dann war es der, in dem ich sie hinter der Mauer verschwinden sah. Und der Rest der Welt jegliche Bedeutung verlor.

Seite 283

Auch wenn es nun so klingen mag, Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten ist keine Liebesgeschichte oder besser gesagt: es ist eine, aber nicht nur in Bezug auf zwei Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen. Es geht um die Liebe zur Literatur, zu den Menschen im Allgemeinen, zur Heimat. Es geht aber auch um Verlust, Trauer und Erlebnisse aus der Vergangenheit, die einen nach wie vor verfolgen. Ihr seht, ein sehr vielschichtiges Buch.

Sprachverliebt

Schon auf den ersten Seiten habe ich mich in Domenico Daras Sprache verliebt. In einem wunderbaren Ton, der leicht und gleichzeitig anspruchsvoll daherkommt, nimmt er mich mit in das kleine italienische Dorf, wo ich auf Astolfo Malinverno treffe.

Die Kirchturmuhr zeigte 6.26 Uhr, als ich am 30. November 1935 zur Welt kam, drei Wochen nach Alain Delon und einen Tag vor Woody Allen, obwohl ich alles andere als eine gelungene Synthese der beiden darstellte.

Seite 8

Er ist Bibliothekar des kleinen Dorfes, in dem im 19. Jahrhundert die erste Papierfabrik Kalabriens entstand und die deshalb mit dem Papier und den Büchern eng verbunden ist. Buchseiten fliegen durch die Gegend, werden von den Dorfbewohnern aufgesammelt und gelesen. Man muss praktisch nur seine Hand ausstrecken und hat etwas zu lesen. Und wenn es einem nicht gefällt, bringt der Wind bald neue Seiten. Ist das nicht schön?

Verbeugung vor der Literatur

Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten zu lesen, hat mich gefordert und zwar im positiven Sinn. Denn der Autor Domenico Dara hat sehr viele Anspielungen und Referenzen in seiner wunderbaren Geschichte untergebracht. So tragen die Bewohner von Timpamara die Namen literarischer Figuren, aber auch von kleinen italienischen Gemeinden, z. B. Adis Adeba Magisano, Mopassàn, Curzio Verbicaro. Doch nicht nur die Namen sind besonders, auch innerhalb des Textes finden sich Verweise auf die Literatur. Und das nicht nur, weil Astolfo Malinverno der Bibliothekar ist und Romanen wie Moby Dick oder Cyrano de Bergerac erweiterte Enden schreibt. Er errichtet auf dem Friedhof auch noch einen Bücherfriedhof (!). Es gibt so viele Verweise, dass es beim ersten Lesen unmöglich erscheint, alle zu erfassen.

Nichts, was jemals für einen Augenblick existiert hat, verschwindet vollständig, nicht einmal Gedanken, auch Gebete nicht oder Träume.

Seite 195

Sehr gut haben mir auch die unterschiedlichen, teils skurrilen Charaktere gefallen. Das kleine Dorf ist erfüllt mit Marotten und Eigenheiten. Ein liebenswertes Dorf, das man gerne besuchen möchte. Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten ist ein besonderes Buch (nicht nur) für Menschen, die die Literatur lieben.

Fazit

Malinverno oder Die Bibliothek der verlorenen Geschichten ist ein Roman, der mit seiner Sprache verzaubert. Eine Verbeugung vor der Literatur und kleinen italienischen Dörfern. Ich empfehle das Buch allen, die sich gerne für eine Geschichte Zeit nehmen und sich an literarischen Referenzen erfreuen.

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