Die Leidenschaft für alte Filme wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Schon in jungen Jahren hat meine Mutter mit mir die Sissi-Filme und andere süßliche Werke der Nachkriegszeit gesehen. Auch Hollywood-Filme mit Stars wie Katharine Hepburn oder Cary Grant waren dabei – und natürlich auch Filme mit Hedy Lamarr. Von daher war mir ihr Name natürlich ein Begriff. Nicht bewusst war mir jedoch, dass hinter der Fassade dieser wunderschönen Schauspielerin noch viel mehr steckte. Dann las ich Die einzige Frau im Raum von Marie Benedict, dem vierten Band ihrer Reihe Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte.
Die einzige Frau im Raum – worum geht es?
In der Romanbiografie schildert die US-amerikanische Autorin Marie Benedict knapp neun Jahre im Leben der Schauspielerin Hedy Lamarr. Von ihren Anfängen als Schauspielerin 1933 in Wien, über die Ehe mit dem Waffenhändler Mandl, ihrer Flucht in die USA und ihrem Aufstieg zum Hollywood-Filmstar.
Der goldene Käfig
Als Kaiserin Elisabeth verzaubert die 18-jährige Hedy Kiesler im Mai 1933 das Theaterpublikum und ganz besonders den Waffenhändler Friedrich Mandl. Doch ihre Ehe mit dem wesentlich älteren Mandl wird zu einer großen Prüfung, denn Hedys Ehemann entpuppt sich als gewalttätig und kontrollsüchtig. Er verbietet ihr, weiter als Schauspielerin tätig zu sein und sperrt sie in einen goldenen Käfig. Das Haus darf sie nur nach Absprache mit Mandl und auch nur in Begleitung verlassen. Diese Zeit in Hedy Lamarrs Leben hat mich mit Grauen erfüllt. Von Außenstehenden muss ihr Leben perfekt ausgesehen habe, doch in Wahrheit war es die Hölle.
Lebendige Vergangenheit
Marie Benedict versteht es sehr gut, die Vergangenheit lebendig werden zu lassen. Mitreißend geschrieben wird die Geschichte hin und wieder sogar fast zum Krimi, wenn Hedy etwa die Flucht vor ihrem furchtbaren Ehemann plant oder alles daran setzt, das US-Militär von ihrem gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil entwickelten Frequenzsprungverfahren zu überzeugen. Doch auch hier scheitert Hedy Lamarr an der Engstirnigkeit der Männer. Männer, die eine Frau lediglich als schmückendes Beiwerk betrachten, so wie Hedy es in ihrem Leben viele Male erfahren hat.
Eine starke Frau
Allen Widerständen zum Trotz zeichnet Marie Benedict von Anfang an das Bild einer starken und selbstbewussten Frau. Hedy weiß, was sie will und auch Rückschläge schwächen sie nicht. Während sie als einzige Frau im Raum den geheimen Treffen ihres Ehemannes Mandl beiwohnt, eignet sie sich enormes Wissen an, genauso wie beim eigenständigen Studium in der umfangreichen Bibliothek ihres Mannes. Naturwissenschaftliche, militärische und politische Werke helfen ihr später in Hollywood, das Frequenzsprungverfahren zu entwickeln. Durchweg beeindruckt hat mich diese großartige Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.
Später Anerkennung
Wenn wir also heute auf unser Handy gucken – und das tun die allermeisten von uns unzählige Male am Tag -, dann betrachten wir eine technische Erfindung, die in Teilen auf der Erfindung von Hedy Lamarr beruht.
Seite 298
Das schreibt Marie Benedict in ihren Anmerkungen am Ende des Buches und erzählt, dass Hedy Lamarr erst in den 1990er Jahren für ihre Erfindung geehrt wurde. Eine Anerkennung, die der erfolgreichen Schauspielerin viel mehr bedeutete als die, die sie für ihre Filme erhielt. Zeit ihres Lebens war Hedy Lamarr sich sicher, dass das von ihr erdachte Verfahren großen Einfluss auf den Krieg gehabt hätte. Doch das US-Militär hatte ihr 1942 eiskalt erklärt, dass die Soldaten und Matrosen nicht von einem Waffensystem überzeugt werden könnten, das von einer Frau entwickelt wurde. Sehr traurig.
Fazit
Marie Benedict schildert in Die einzige Frau im Raum den Lebensweg einer beeindruckenden Frau, die um ihre Stärken wusste und dennoch so oft unterschätzt wurde. Eine lebendige, gut recherchierte und geschriebene Romanbiografie.
Herzlichen Dank an Kiepenheuer & Witsch für das Rezensionsexemplar.
Die einzige Frau im Raum (OT: The Only Woman in the Room) von Marie Benedict.
Am 04.05.2023 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Marieke Heimburger.
ISBN: 978-3-462-00492-2 / 304 Seiten
Bewertung: 4,5/5