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„Keine Kleinigkeit“ von Camilla Barnes

von Marie
Rezension zu Keine Kleinigkeit von Camilla Barnes

Werbung: Herzlichen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar.

Ja, es war das Cover, das mich zu Keine Kleinigkeit von Camilla Barnes hat greifen lassen. Eine gute Wahl, denn der Debütroman hat mir sehr gut gefallen – nicht nur aufgrund des britischen Humors.

Keine Kleinigkeit – worum geht es?

„Nachdem wir jahrelang suspektem Essen ausgesetzt gewesen waren, hatten meine Schwester und ich schließlich in einem von Eigennutz geschmälerten Akt der Großzügigkeit einen schicken Gefrierschrank gekauft und Mum zum Geburtstag geschenkt.“ Von Miranda und ihrer Schwester wird erwartet, dass sie über die Wochenenden gelegentlich ihre längst pensionierten Eltern besuchen. Nicht allein des Essens wegen ist das keine Kleinigkeit, denn die Ehe, die die beiden seit vielen Jahren führen, kommt nicht ohne Bosheiten aus. Als Miranda den Ursachen dafür auf den Grund gehen will, ergibt sich ein verblüffend neues Bild von Mum und Dad.

Klappentext

Balanceakt

Keine Kleinigkeit ist ein bemerkenswerter Debütroman, der mich in die französische Provinz führt, wo die Erzählerin Miranda ihre exzentrischen Eltern besucht. Ihr Vater ist ein pensionierter Oxford-Professor, ihre Mutter nutzt jede Gelegenheit, über einen Krieg zu sprechen, den sie selbst nie erlebt hat. Das Zusammensein mit den Eltern ist nicht einfach. Unterstützung findet Miranda bei ihrer Tochter Alice und ihrer Schwester Charlotte.

Mum machte Braten, wenn sie fand, dass Dad es verdient hatte, Schmortopf, wenn er in Standard-Ungnade war. Wenn er in der Hundehütte war, gab es Fisch, und wenn sie Tintenfisch auf den Tisch brachte, wusste man, dass die Dinge wirklich schlecht standen.

Seite 49

Camilla Barnes Roman ist gleichzeitig warmherzig und scharfzüngig, und obwohl ich bei den teils absurden Dialogen oft laut lachen musste, schwebt über dem Ganzen auch stille Melancholie. Denn was sich mir zunächst als eine leichte Familienkomödie darbot, entpuppte sich im Laufe des Lesens als ein tiefgründiges Porträt über Beziehungen, Erinnerungen und dem, was verloren geht, wenn es ungesagt bleibt.

Britischer Humor mit Tiefgang

Aber zunächst gibt es viel zu lachen. Die Dialoge, vor allem zwischen den Eltern, strotzen nur so vor britischem Humor. Ob es um den Umgang mit den Haus- und Hoftieren geht oder um die Diskussion über tiefgefrorene Kalbskoteletts aus dem Jahr 1983 – die Wortgefechte sind sehr pointiert und stecken voller Ironie. Teilweise haben sie sogar Slapstick-Charakter.

»Ich glaube«, sagte Dad, »nicht ans Telefon zu gehen, ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass sich irgendeine Katastrophe ereignet hat.« Er setzte den Hut auf und öffnete die Hintertür. »Vielleicht ist sie bloß tot.“

Seite 160

Doch unter der Oberfläche dieser humorvollen Schlagabtausche liegt eine Geschichte, die weitaus tiefer geht. Durch Briefe aus der Vergangenheit erhalten die Lesenden Einblicke in das frühere Leben von Mirandas Mutter. Diese Briefe erzählen von einer Frau, die von Zweifeln geplagt ist, die Träume hat, aber auch das Gefühl, in einer Rolle gefangen zu sein, die sie nie bewusst gewählt hat. Mit jedem Brief wächst nicht nur das Verständnis für die anfangs so seltsam erscheinende Mutter, sondern auch die Erkenntnis, wie wenig wir oft von den Menschen wissen, die uns am nächsten stehen.

„Die großen Philosophen sagen im Grunde also: Bring deinen Kram in Ordnung, bevor du den Löffel abgibst. Aber das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand.“ „Ja. Ich glaube, Philosophie ist eine Mischung aus Pedanterie und gesundem Menschenverstand.“

Seite 172

Keine Kleinigkeit lebt von seinen Kontrasten: Zwischen Humor und Melancholie, zwischen Vergangenheit und Gegenwart und zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was unausgesprochen bleibt.​

Fazit

Keine Kleinigkeit ist eine feinfühlige Familiengeschichte mit schlagfertigen Figuren und viel britischem Humor. Camilla Barnes zeigt, dass das Bild, das wir von anderen haben, oft nur eine Fassade ist. Auch – oder vielleicht besonders – bei den eigenen Eltern. Denn was wir sehen, ist selten alles und oft nicht das, was wirklich ist. Ein großartiger Debütroman.


Keine Kleinigkeit (OT: The Usual Desire to Kill)
von Camilla Barnes.

Am 27.02.2025 im Piper Verlag * erschienen.
Übersetzt von Dirk van Gunsteren.
ISBN: 978-3-492-07316-5 / 256 Seiten

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3 Kommentare

BuchBesessen 24. April 2025 - 18:03

Das klingt nach einem tollen Buch. Thematisch, aber auch wegen der Feinfühligkeit, Kontraste und des Humors. Tatsächlich hat mich schon das Cover gekriegt. :D
Ich hab’s auf der Liste.

Liebe Grüße

Antworte
Marie 1. Mai 2025 - 12:19

Ich glaube auch, dass das ein Buch für dich ist! 😄
Liebe Grüße zurück und einen schönen 1. Mai.

Antworte
Lesejahr 2025 - Wörter auf Papier 5. Mai 2025 - 18:07

[…] Camilla Barnes. Keine Kleinigkeit. [Rezension] […]

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