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„Der Gott des Waldes“ von Liz Moore

von Marie

Werbung: Herzlichen Dank an den C. H. Beck Verlag für das Rezensionsexemplar.

Der Gott des Waldes von Liz Moore stand auf der Sommerleseliste 2024 des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Das alleine reicht zwar nicht aus, damit ich zu einem Buch greife, aber die Geschichte klang so gut, dass ich es auch ohne Obamas Liste gelesen hätte.

Der Gott des Waldes – worum geht es?

Es ist August 1975, ein Sommer, der das Leben vieler Menschen in den Adirondack Mountains für immer verändern wird. Als Barbara eines Morgens nicht wie sonst in ihrer Koje im Sommercamp liegt, beginnt eine panische und groß angelegte Suche nach der 13-Jährigen. Das Verschwinden einer Jugendlichen im Naturreservat ist unter allen Umständen eine Katastrophe, aber Barbara ist keine gewöhnliche Camperin: Sie ist die Tochter der reichen Familie Van Laar, der das Camp und das umliegende Land in den Wäldern gehören. Und sie ist die Schwester von Bear, dem Jungen, der seit 14 Jahren vermisst wird. Kann das Zufall sein? Was wissen die anderen Kinder im Camp über Barbaras Verschwinden, und was verheimlichen die Angestellten, die im Schatten der Van Laars ihr Dasein fristen? Was hat der aus dem Gefängnis entflohene «Schlitzer» mit all dem zu tun und welche Geheimnisse hütet die Familie selbst?

Klappentext

Familiendramen

Mit einem präzisen und mitreißenden Stil schreibt Liz Moore über ein Familiendrama, das seinen Anfang schon viele Jahre vor dem Verschwinden Barbaras nimmt und letztlich nicht nur ein Drama enthüllt, sondern eine ganze Reihe davon.

Die Familie Van Laar ist reich und benimmt sich auch so. Reiche Leute, denen es an Empathie mangelt, die denken, sie können sich alles erlauben (wobei sie leider oft auch recht behalten) und die selbst ihre eigenen Familienangehörigen schlecht behandeln, kennen wir natürlich aus der Literatur. Doch obwohl das Thema nicht neu ist, sorgt u. a. Liz Moores Schreibstil dafür, dass ich Der Gott des Waldes nicht aus der Hand legen kann.

Realistische Charaktere

Neben dem Stil sind es auch Moores lebensnahen Charaktere, die mich diese Familiengeschichte praktisch inhalieren lassen. Die Autorin nimmt sich Zeit für ihre Protagonisten, macht sie vielschichtig und zeigt mir ihre inneren Konflikte. In der Familie und bei ihren „Untergebenen“ ist einiges los: Ich bekomme es mit psychischen Erkrankungen, Alkoholsucht, Missbrauch, Betrug und einigen Toten zu tun. Nein, hier wird es nicht langweilig.

Gelungen finde ich die verschiedenen Erzählperspektiven, die Liz Moore für ihren Roman gewählt hat. Sie lässt mich nicht nur in den Jahrzehnten hin- und herspringen (von den 1970ern geht es in die 50er und 60er und wieder zurück), sondern wechselt auch mit jedem Kapitel das erzählende Personal. So komme ich der Auflösung immer näher. Einer Auflösung, die mich überrascht und die ich nicht habe kommen sehen.

Bildhafte Sprache

Moore schafft es, mit ihrer bildhaften Sprache, das Feriencamp und die Wälder der Adirondack Mountains vor meinen Augen lebendig werden zu lassen. Den Survival-Trip nachts im Wald, den die Kinder und Jugendlichen zum Abschluss des Camps machen sollten, hätte ich aber dezent links liegen gelassen. Was für eine gruselige Vorstellung.

Auch die bisweilen trostlosen Situationen der nicht so wohlhabenden Familien außerhalb des Van Laar-Kosmos hat mir die Autorin nahe gebracht. Während die einen nicht wissen, wohin mit ihrem ganzen Geld, geht auf der anderen Seite ein Junge, der noch nicht mal ein Teenager ist, mit ein paar Dollar seiner Schwester einkaufen, da seine Mutter wegen ihrer Alkoholsucht nichts mehr im Griff hat. Die Schere zwischen Arm und Reich ist deutlich spürbar.

Themenvielfalt

Besonders gut hat mir auch die Vielfalt der Themen gefallen. Das Thema „Familie“ ist an sich ja schon komplex, aber hier kommt auch noch die soziale Komponente hinzu. Die reichen Van Laars sind natürlich aus dem Schneider. Jegliche Verfehlungen ihrerseits – mögen sie auch noch so blutig sein – haben selten Konsequenzen – dafür haben sie ihre gut bezahlten Anwälte.

Reiche Leute, dachte Judy damals (und das denkt sie heute noch), werden vor allem dann wütend, wenn sie merken, dass sie für ihre Vergehen zur Rechenschaft gezogen werden sollen.

Seite 211

Die weniger privilegierten Angestellten des Camps kommen da schon mal unter die Räder und müssen für Dinge ins Gefängnis, die sie nicht zu verantworten haben. Das macht wütend – aber Liz Moore schaut ja nur, wie es in der Welt zugeht. Und so ist es leider (fast?) überall. So ist Der Gott des Waldes also nicht nur ein Roman, der mich auf perfekte Weise unterhalten hat, sondern er bewirkt auch, dass ich über verschiedene Dinge nachdenke. Gute Romane können so was.

Fazit

Der Gott des Waldes ist eine tiefgründige Familiengeschichte mit vielschichtigen Charakteren und einem mitreißenden Stil. Darüber hinaus punktet Liz Moore mit literarischer Eleganz, unterhält und regt zum Nachdenken an. Ein großartiger Roman.


Der Gott des Waldes (OT: The God of the Woods) von Liz Moore.

Am 20.02.2025 im C. H. Beck Verlag erschienen.
Übersetzt von Cornelius Hartz.
ISBN: 978-3-406-82977-2 / 590 Seiten

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