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„Gefährliche Betrachtungen“ von Tilo Eckardt

von Marie
Veröffentlicht: Letztes Update
Rezension zu Gefährliche Betrachtungen von Thilo Eckardt

Werbung: Herzlichen Dank an den Droemer Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar.

Ich stelle immer wieder fest, dass ich sehr gerne Bücher lese, in denen es um die Familie Mann (meistens Thomas Mann) geht. So habe ich z. B. im letzten Jahr Mann vom Meer gelesen, worin es um Thomas Manns Liebe zum Meer geht. Um Mann und Meer geht es auch in Gefährliche Betrachtungen von Tilo Eckart. Allerdings ist das Buch ein Kriminalroman mit Thomas Mann als Protagonisten. Wie das wohl wird?

Gefährliche Betrachtungen – worum geht es?

Im Juli 1930 bezieht Thomas Mann mit seiner Familie sein neugebautes Sommerhaus im Fischerdorf Nidden auf der Kurischen Nehrung. Der Schriftsteller arbeitet an einer großen Rede, mit der er das deutsche Volk vor dem erstarkenden Nationalsozialismus warnen will. Am Strand trifft er auf den litauischen Übersetzer Žydrūnas Miuleris, der von Thomas Mann hartnäckig Müller genannt wird. Der Übersetzer verfügt über ein fotografisches Gedächtnis und nach einem Blick auf die Rede Manns schreibt er sie auf. Doch die Papiere werden ihm gestohlen, was weitere rätselhafte Ereignisse in Gang setzt. Mann und Müller beginnen zu ermitteln.

Fiktion und Realität

In Gefährliche Betrachtungen lotet Tilo Eckardt die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auf spannende Weise aus. Es geht zwar vordergründig um das Verschwinden von Manns Manuskript, doch auch die damaligen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen kommen zur Sprache. Sehr geschickt verknüpft Eckardt hier biografische Elemente mit den fiktionalen Erzählsträngen und lässt so den Sommer 1930 in Nidden lebendig werden.

Der Autor hat einen literarischen Kriminalroman geschrieben, der in einem ruhigen Erzähltempo daherkommt. Wer lieber rasante Krimi liest, wird hier wohl nicht auf seine Kosten freuen, denn Gefährliche Betrachtungen liest sich eher gemächlich, aber dafür auch richtig gut. Eckardt vermittelt einiges an Wissen über die damalige Zeit, was mir sehr gefallen hat.

Die Todfeinde alles Schönen in der Welt hatten versucht, Gedanken zu verbannen, Bücher zu verbieten, zu verbrennen, auszulöschen.Die Berserker der Ödnis wollten unter Androhung der Todesstrafe die Anbetung von Blumenstillleben und Alpenpanoramen erzwingen.

Seite 169

Thomas Mann im Strandkorb

Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf den großartig gezeichneten Charakteren. Große Freude hatte ich an der Figur Thomas Mann. Wie er da im Anzug im Strandkorb am Meer sitzt – herrlich. Ich mochte ihn als teils schrulligen, dann wieder extrem wachen Charakter, der sich um sein Heimatland sorgt und mit einer großen Rede versuchen will, seine Landsleute vor dem erstarkenden Nationalsozialismus zu warnen. Auch sorgt er immer wieder für einen Schmunzler, wenn er Müller mit Sprüchen beeindruckt.

Vor der Tür entzündete sich Thomas Mann eine Zigarette und sah mich an. »Ich muss schon sagen, was für eine ausgesprochen irregulär anmutende Persönlichkeit.«

Seite 111

Erzählt wird aber aus der Perspektive des Übersetzers Žydrūnas Miuleris, der nicht nur zur Erholung nach Nidden gereist ist. Er ist ein großer Bewunderer Thomas Manns und wünscht sich nichts sehnlicher, als dessen Buddenbrooks ins Litauische übersetzen zu dürfen. Doch leider leistet er sich einen großen Fauxpas und von der Übersetzung ist erstmal keine Rede.

Und damit beginnt die eigentliche Geschichte. Denn Sie sind ja nicht hier, um etwas über die Herausforderungen beim Übersetzen der Buddenbrooks ins Litauische zu hören. Das wäre albern.

Seite 61

Mir hat der ruhige, literarische Ton sehr gefallen und ich freue mich, dass es im Mai nächsten Jahres einen weiteren Fall mit „Mann und Müller“ geben wird.

Fazit

Gefährliche Betrachtungen ist ein sehr gut geschriebener, literarischer Kriminalroman, der besonders (aber nicht nur!) Thomas Mann-Fans ansprechen wird. Als Leser erfährt man in dem bedächtig erzählten Roman viel über Thomas Manns Zeit in Nidden und die damaligen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen. Eine schöne Hommage an einen der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.


Gefährliche Betrachtungen von Tilo Eckart.

Am 04.11.2024 im Droemer Knaur Verlag erschienen.
ISBN: 978-3-426-56018-1 / 304 Seiten

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