Werbung: Herzlichen Dank an den Eisele Verlag und Politycki & Partner für das Rezensionsexemplar.
Ein tugendhafter Mann hat mich mit seinem Tassen-Cover sofort angesprochen. Außerdem stammt das Nachwort von Volker Weidermann, was allein schon ein Anreiz für mich ist. Wie mir der Roman von Anita Brookner gefallen habt, lest ihr jetzt.
Ein tugendhafter Mann – worum geht es?
Lewis Percy ist ein tugendhafter Mann. Er schreibt seine Dissertation über den Begriff des Heldentums in französischen Romanen des 19. Jahrhunderts und verbringt seine Abende im Kreis der Freundinnen seiner Mutter, mit der er zusammenlebt. Als ihn ihr Tod von einem Tag auf den anderen hilflos und auf sich allein gestellt zurücklässt, beschließt er, das erste junge Mädchen zu heiraten, das ihm auf seiner Route zur nahegelegenen Bibliothek über den Weg läuft. Doch kaum geheiratet, verfällt das Leben von Lewis und Tissy schnell in zähe Routine. Da trifft Lewis eines Tages auf Emmy, eine faszinierende Frau, die es ihm ermöglicht, seine wahre Persönlichkeit zu finden, auch wenn er dafür alles bisher Gekannte infrage stellen muss …
Klappentext
Moral und Tugend
In „Ein tugendhafter Mann“ erzählt Anita Brookner von Lewis Percy, der sich für seine Promotion mit Helden in der Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Dadurch hängt er längst vergangenen Tugenden und Idealbildern nach, was sich natürlich auch auf seine Beziehungen zu Frauen auswirkt. Sehr ruhig und etwas behäbig führt mich die Autorin in diese Welt und der sehr ruhige Ton bleibt bis zum Ende bestehen. Durch die eleganten Sätze strahlt oft ein melancholischer Unterton, der Lewis perfekt gerecht wird. Und zwischenzeitlich blitzt auch ein wenig Witz auf, insbesondere in Verbindung mit den sehr gelungenen Charakteren.
Madame Doche, deren gönnerhafte Miene nicht weniger großzügig wurde dadurch, dass sie sie regelmäßig aufsetzte, nahm Lewis Percy den Camembert aus der Hand, drückte ihren erfahrenen Daumen hinein, verkündete, dass er gut war, und führte ihn in den Salon.
Seite 5
Überraschendes Ende
Lewis ist zurückhaltend, nachdenklich und unauffällig – ganz anders als die Männer in den Heldengeschichten, über die er so viel weiß. Die Geschichte beginnt 1959, der Roman selbst erschien erstmals Ende der 1980er (auf Deutsch allerdings erst jetzt). Dennoch wirkt der Roman noch älter, sicher bedingt durch Brookners Sprache, die literarisch, aber eben auch etwas antiquiert wirkt. Tatsächlich hätte ich eher darauf getippt, dass auch die Geschichte in den 1950ern entstanden ist.
Lewis dachte sich, dass die langweilige Persönlichkeit von Andrews Frau perfekt zu ihrem glanzlosen Schmuck passte.
Seite 48
Ein tugendhafter Mann ist kein Roman für zwischendurch, der sich mal so eben weglesen lässt. Es ist ein Buch, in das man sich reinlesen muss. Fahrt nimmt der Roman selten auf. Ich habe mir Zeit genommen, mich auf die zurückgenommene, feine Sprache und die oft recht langen Dialoge eingelassen. Und natürlich war ich neugierig, wie Lewis Geschichte endet. Zumal Volker Weidermann im Nachwort schreibt, dass Ein tugendhafter Mann mit einem „der überraschendsten Enden der Literaturgeschichte“ (Zitat Seite 394) endet. Natürlich werde ich das Ende nicht verraten, aber auch ich habe das nicht kommen sehen und fand den Abschluss sehr gelungen.
Fazit
Ein tugendhafter Mann ist ein ruhig erzählter, etwas langatmiger Roman, der mit gelungenen Figuren aufwartet. Anita Brookners Charakterstudie zeichnet sich durch eine präzise und elegante Sprache aus, in der auch Witz und Ironie zu finden sind. Das Ende kommt unerwartet und ist sehr gelungen.
Ein tugendhafter Mann (OT: Lewis Percy)
von Anita Brookner.
Am 17.09.2024 im Eisele Verlag erschienen.
Aus dem Englischen übersetzt von Wibke Kuhn.
ISBN: 978-3-96161-198-0 / 399 Seiten
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