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„9 Grad“ von Elli Kolb

von Marie
9 Grad von Elli Kolb

Werbung: Herzlichen Dank an den Lübbe Verlag für das Rezensionsexemplar und die tolle Bloggerbox.

9 Grad von Elli Kolb.
Am 30.08.2024 im Lübbe Verlag erschienen.
ISBN: 978-3-7577-0080-5 / 253 Seiten

Aus naheliegenden Gründen greife ich immer wieder gerne zu Büchern, in denen Depressionen und Angststörungen behandelt werden. Darum wurde ich natürlich hellhörig, als ich von Elli Kolbs Roman 9 Grad gehört habe.

Worum geht es?

In 9 Grad geht es um Josie, die auf Wunsch ihrer schwer kranken Freundin Rena in kaltes Wasser begibt – und Gefallen daran findet. Mehr als das, das Kälteschwimmen wird zu einer Obsession, hilft es ihr doch, sich selbst (wieder) zu finden und sich zu fokussieren. Während der Minuten im eiskalten Wasser geht es nur um sie, erst danach macht sie sich wieder Sorgen um ihre kranke Freundin, die möglicherweise stirbt, oder um ihre Beziehung zu Lee, der Depressionen hat und sich nicht immer so verhält, wie Josie es sich wünscht.

Authentische Ich-Erzählerin

Josie ist die Ich-Erzählerin und führt mich durch eine Geschichte, in der Themen wie physische und psychische Krankheiten behandelt werden. Es geht aber auch um den Druck, dem durch „manipulative Marketingstrategien“ (wie wahr!) idealisierten Körperbild zu entsprechen, den (studentischen) Leistungsdruck und das Unvermögen, sich in belastenden Situationen zu behaupten. Ich konnte mich in vieles sehr gut reinversetzten, z. B. wenn Josie denkt:

Für mich selbst überraschend lächelte ich – oder besser gesagt: Der Teil von mir, der sich immer Mühe gab zu gefallen, lächelte, und das nervte mich so sehr, dass ich versuchte, damit aufzuhören. Es gelang mir nicht. Mein Gesicht lächelte von alleine weiter.

Seite 56

Das fühle ich sehr. Bloß nicht negativ auffallen oder dem anderen ein ungutes Gefühl geben. Gelungen finde ich, dass Elli Kolb ihrer Hauptfigur authentische Gedanken in den Kopf setzt – auch, wenn sie nicht immer nett sind. Es ist doch natürlich, Wut über die schwere Krankheit der Freundin zu verspüren oder auch die depressiven Phasen des Freundes nicht nachvollziehen zu können. So schreibt Josie z. B. an Lee:

„Ich hasse dich dafür, dass sich deine Stimmung ständig so krass ändert, ohne Anlass von außen, geht das überhaupt? Als wäre dein inneres Wetter kaputt.“

Seite 210

Das mag nicht sehr einfühlsam sein, aber es ist eben realitätsnahe. Woher sollen nicht-depressive Menschen wissen, wie es ist, mit einer Depression zu leben?

Stell dir vor, du hast den schlimmsten Tag deines Lebens. Seit Monaten. Du hasst jede einzelne Sekunde, und du spürst jede einzelne Sekunde, wie sie sich aneinanderreihen und zu Monaten werden. Man fühlt sich, als wäre man schon vor Jahren gestorben, und die anderen tun so, als wäre alles wie immer.

Seite 180

Blasse Nebencharaktere

Während ich Josie durch ihre Gedanken recht nahe kam, blieben die Nebencharaktere leider etwas blass. Vor allem die Figur des Anton, der ständig mit Rena und Josie zusammen ist, hat sich mir nicht so richtig erschlossen. Auch von Lee hätte ich gerne mehr erfahren, aber er blieb nebulös. Zwar erlebe ich seine Depression ein wenig durch Josies Augen, aber obwohl er bereits sehr früh in der Geschichte viel Raum in ihrem Leben einnimmt (und Josie seinetwegen sogar ihre beste Freundin alleine in ihrer Wohnung lässt – sehr komische Situation!) erfahre ich nicht viel über diesen Mann. Das fand ich etwas schade.

Eisbaden

Hätte ich nicht im Vorfeld schon gelesen, dass die Autorin das Eisbaden selbst praktiziert, ich hätte es spätestens mit den Beschreibungen des Kältebadens gewusst. Diese Szenen fand ich absolut hervorragend. Elli Kolb beschreibt das Schwimmen im kalten Wasser so eindrücklich, teils poetisch, dass ich das Gefühl hatte, mit im Wasser zu sein. Ich habe die Kälte auf der Haut gespürt, wie sie in meine Poren eindringt, tief unter die Haut, mich ganz einnimmt. Diese Stellen gehörten tatsächlich zu meinen liebsten im Roman.

Ich musste wieder baden gehen. Das merkte ich deutlich. Es war etwas am kalten Wasser, das mich anzog, das mich verführte und zerstörte und wieder aufrichtete.

Seite 198

Fazit

9 Grad ist ein einfühlsamer Debütroman, der zum Nachdenken anregt. Er erzählt von Freundschaft und Beziehungen, Leistungsdruck und Depression, aber auch von der Kraft, für sich selbst einzustehen und den eigenen Körper zu akzeptieren. Leider sind mir die Nebencharaktere nicht sehr nahe gekommen. Die starken Beschreibungen der Kältebäder waren hingegen ein Highlight.


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