„Kerbholz“ von Carl Nixon

Werbung: Herzlichen Dank an den Unionsverlag für das Rezensionsexemplar.

Der Roman von Carl Nixon ist mir ganz spontan aufgefallen. Der Klappentext klang ansprechend und nach einem Blick in die Leseprobe war klar, dass ich das ganze Buch lesen wollte. Es hat sich gelohnt. Kerbholz ist ein grandioses Buch.

Kerbholz – worum geht es?

An der einsamen Westküste Neuseelands stürzt das Auto der Familie Chamberlain von einer Steilküste. Die Eltern John und Julia sowie das Baby Emma sterben, die drei anderen Kinder Katherine, Maurice und Tommy überleben. Nach ein paar Tagen werden sie von einem Mann gerettet, der sie zu einem einsamen Haus führt. Dort treffen sie auf Martha, die die Kinder aufnimmt. Doch die vermeintliche Sicherheit entpuppt sich als etwas anderes. Denn Martha und der Mann, den sie Peters nennt, nehmen die drei Kinder als billige Helfer auf dem Hof auf. Die Bitte, dass sie in die nächste Stadt gebracht werden wollen, stößt auf taube Ohren.

Bedrückend, fesselnd, authentisch

Kerbholz ist ein bedrückender und sehr fesselnder Roman, der mich bereits mit seinem großartigen ersten Satz in seinen Bann zieht.

Das Auto mit den drei schlafenden Kindern verließ die Erde.

Erster Satz

Die Geschichte ist rau wie die Wildnis, in der sich Katherine, Maurice und Tommy nach dem schrecklichen Autounfall wiederfinden. Die Kinder sind hilflos, verkriechen sich zunächst in einer Höhle, sind teils schwer verletzt, haben Hunger und Durst. Durch den Klappentext wusste ich bereits, dass sich hinter der vermeintlichen Hilfe von Martha und Peters etwas ganz anderes versteckt. Die Kinder sind natürlich ahnungslos und ich muss zusehen, wie sie in ihr Unglück rennen.

Kerbholz ist belastend, die Kinder werden ausgebeutet, misshandelt, teils sich selbst überlassen. Sie sind eigentlich nicht mehr als Nutztiere (ein Kind muss tatsächlich in einer Art Stall schlafen). Es liest sich sehr beklemmend, an dieser Situation ist nichts gut. Aber – und das finde ich sehr interessant – der Autor Carl Nixon zeichnet Martha dennoch als eine komplexe Person, die letztlich nicht nur als Antagonistin gezeigt wird. Spannend! Auch die anderen Charaktere sind großartig, weil vielschichtig und damit authentisch.

Dichte Atmosphäre

Einen besonderen Kniff erhält die Geschichte dadurch, dass ich nicht nur den Kindern auf der Farm folge, sondern auch ihrer Tante, die nach vielen Jahren einen Hinweis auf den Verbleib der Kinder bekommt. Mehrfach hat sie sich auf die Suche nach ihrer Schwester und deren Familie gemacht, immer erfolglos. Gegen Ende kommt es zu einer Art Überschneidung der Geschichte, die mir eine Gänsehaut beschert. Was für eine Wendung!

Kerbholz gefällt durch seine dichte Atmosphäre, verbunden mit der bildhaften Landschaftsbeschreibung. Außerdem hat mir sehr gut gefallen, wie Nixon Themen wie Trauer und Verlust sowie die Suche nach Vergebung behandelt. Tiefgründig und mit Feingefühl widmet er sich diesen Aspekten. Mich hat das Buch auch Tage, nachdem ich es beendet hatte, nicht losgelassen. Immer wieder musste ich an die Kinder denken und besonders an Katherine und ihre interessante Wandlung. Kerbholz ist keine einfach Lektüre, aber eine, die begeistert und lange nachhallt. Großartig!

Fazit

Kerbholz ist ein beeindruckendes Buch, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt und noch lange nachhallt. Die von Carl Nixon mitreißend geschriebene Geschichte ist bedrückend, erschütternd und mitreißend. Ich kann den Roman jedem empfehlen, der auf der Suche nach einer packenden und bewegenden Lektüre ist.


Kerbholz (OT: The Tally Stick) von Carl Nixon.

Am 08.07.2024 im Unionsverlag erschienen.
Aus dem Englischen übersetzt von Jan Karsten.
ISBN: 978-3-293-71012-2 / 304 Seiten

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6 Kommentare

Jana 10. Dezember 2024 - 9:49
Das liest sich ja spannend, aber auch nach nicht allzu leichter Kost. Ich setze das Buch gleich auf meine Merkliste. Mein letztes Buch, in dem Kinder völlig sich selbst überlassen waren, war "Wolfsegg", das war sehr drastisch und ging auch nicht sonderlich gut aus. Sehr viel versöhnlicher war das letzte Wochen beendete (Jugend-)Buch "Under the Hawthorn Tree" der irischen Autorin Marita Conlon-McKenna; das war wegen der Hungersnot in Irland zwar auch hart zu lesen, insgesamt aber deutlich versöhnlicher. Ich bin sehr gespannt auf "Kerbholz" (hört sich auch nach einem guten Tipp zum Verschenken an).
Marie 10. Dezember 2024 - 11:43
Nein, leichte Kost war es wirklich nicht. Mich hat es schon sehr mitgenommen. Aber es war wirklich großartig. Allerdings kann ich auch nicht viele von solchen Büchern lesen. Deine genannten Bücher kenne ich gar nicht. Schaue ich mir direkt mal an. Liebe Grüße Marie
BuchBesessen 10. Dezember 2024 - 19:13
Das klingt schlimm und toll gleichzeitig. Ich habe es mir vorgemerkt.
Marie 11. Dezember 2024 - 12:04
Genau so ist es. Hat mich echt mitgenommen. Auch kann ich die Wendung noch nicht so deuten. Falls du es mal liest, können wir uns ja mal austauschen :)
BuchBesessen 18. Dezember 2024 - 10:39
Ich lese es wahrscheinlich als Übernächstes, bin gespannt. :)
Marie 18. Dezember 2024 - 11:07
ich bin sehr gespannt, wie es dir gefällt 🥰
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