„Die andern sind das weite Meer“ von Julie von Kessel

Werbung: Herzlichen Dank an den Eisele Verlag und Politycki & Partner für das Rezensionsexemplar.

Die andern sind das weite Meer von Julie von Kessel.
Am 29.08.2024 im Eisele Verlag erschienen.
ISBN: 978-3-96161-197-3 / 336 Seiten

Das wunderschöne Cover hat mich sofort angelockt und nachdem ich den Klappentext gelesen habe, war klar, dass ich Julie von Kessels Roman unbedingt lesen möchte. Und ich kann nur sagen, dass nicht nur das Cover wunderschön ist.

Worum geht es?

In Die andern sind das weite Meer geht es um die Geschwister Luka, Tom und Elena, die alle in einer Lebenskrise stecken, sich gegenseitig aber keinen Halt bieten können. Erst als ihr dementer Vater Hans plötzlich verschwindet, nähern sie sich an.

Perspektivwechsel

Julie von Kessel erzählt diese berührende und warmherzige Familiengeschichte aus vier wechselnden Perspektiven, wobei die Geschwister den größten Raum einnehmen. Während Hans‘ Welt aufgrund der fortschreitenden Demenz vor allem aus der Vergangenheit besteht, müssen sich Luka, Tom und Elena mit existenziellen Problemen in der Gegenwart auseinandersetzen. Sie alle haben einen Punkt in ihrem Leben erreicht, an dem sie nicht mehr weiter wissen. Ihr eigenes Drama kollidiert mit dem Unvermögen, sich mit der väterlichen Situation auseinanderzusetzen.

Vergangenheit

Mit Hans beginnt die Geschichte und sein Versuch, bei den Nachbarn schwimmen zu gehen, ist gleichermaßen witzig wie bedrückend. Die Vehemenz, mit der er darauf dringt, bei der Nachbarin, die vor vielen Jahren mal einen Pool hatte, schwimmen zu gehen, lässt mich schmunzeln, doch ich ahne, dass hinter der scheinbar kurzen Verwirrtheit mehr steckt. Hans denkt, dass sein Gehirn ihm Streiche spielt. Warum kann er sich nicht an den Wochentag erinnern oder daran, was er gerade machen wollte? Und warum hat seine Tochter seine Bettwäsche gestohlen?

Hans‘ Gedanken werden immer mehr von der Vergangenheit eingenommen, einer Vergangenheit, in der seine Frau noch lebt und er scheinbar ein perfektes Leben führt. Doch für andere ist er in in dieser Zeit alles andere als perfekt, auch auf mich wirkt er unsympathisch, herrisch und unnahbar, verwurzelt in seinem Beruf als Diplomat, der ihm über alles geht. Erst die Gegenwart sorgt für entspanntere Momente – auch mit seinen drei Kindern. Sympathien werden geweckt und wachsen an, auch angesichts seiner Krankheit. Während Hans seine Dias ordnet, reflektiert er das Leben seiner Kinder.

Süße Kinder, was war nur aus ihnen geworden? Alle drei waren sie nicht im Erwachsenenleben angekommen. Luka in ihrer Kinderlosigkeit, getrieben von der Arbeit, immer unter Druck, Tom war so oberflächlich mit den schicken Anzügen, seinem Faible für alte Autos. Und Elena! Seine jüngste war die Schlimmste. So sprunghaft, nichts konnte sie zu Ende führen.

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Krisensituationen

Luka, die als Kriegsjournalistin in der Ukraine ist, sorgt mit einer kleinen Unaufmerksamkeit für ein verheerendes Unglück – eine Situation, die so furchtbar ist, dass es mir das Herz zusammengezogen hat.
Der Psychologe Tom bekommt es mit einem – im wahrsten Sinne des Wortes – „lebensmüden“ jungen Mann zu tun, der ihm aus irgendeinem Grund besonders am Herzen liegt. Zudem belastet ihn die Beziehung zu dem viel jüngeren Dennis. Soll er sich ihm gegenüber öffnen oder seine Gefühle weiter verschweigen?
Elena, die Jüngste im Bunde, hadert nach einer belastenden Diagnose mit allem. Vor allem mit der familiären Situation um ihren Mann Juan, den sie vielleicht nicht mehr liebt, und zu ihrer Tochter, die ihren Vater immer vorzuziehen scheint. In Gedanken bricht sie aus und erträumt sich eine perfekte Beziehung mit ihrem Ex-Freund.

Zusammenhalt

Aufgrund eines weiteren Vorfalls finden sich die drei Geschwister plötzlich im Haus des Vaters wieder. Waren die Kapitel zuvor einzelnen Personen zugeschrieben, verzichtet Julie von Kessel nun auf Überschriften. Die Familie, die vorher in ihren eigenen Welten (und Kapiteln) gelebt hat, findet nun langsam zusammen und schreibt die Geschichte gemeinsam weiter.

Das Buch verarbeitet viele brisante Themen, doch trotz der inhaltlichen Schwere, liest sich Die andern sind das weite Meer sehr leicht, was auch an den hervorragend ausgearbeiteten Charakteren liegt. Mit jedem einzelnen von ihnen habe ich mitgefiebert – und letztlich mit der Familie als Ganzes. Ein bewegender Roman.

Lyrik

Kurz vor dem Erscheinungstermin des Buches hatte ich Gelegenheit, bei einer Online-Buchvorstellung der Autorin Julie von Kessel und ihrer Verlegerin Julia Eisele dabei zu sein. In dem interessanten Gespräch erzählte die Autorin u. a., dass sich der Titel ihres Buches auf ein Gedicht von Mascha Kaléko bezieht.

In ihrem Gedicht „Für Einen“ heißt es:

Die Andern sind das weite Meer. Du aber bist der Hafen. So glaube mir: kannst ruhig schlafen, Ich steure immer wieder her.

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Die Worte berühren mich und ich glaube zu verstehen, wieso sich die Autorin für diesen Titel entschieden hat. Ich lege euch das Buch ans Herz und hoffe, dass es euch ebenso berührt.

Fazit

Die andern sind das weite Meer ist eine berührende und warmherzige Familiengeschichte, die neben bitteren, leidvollen Situationen auch einige humorvolle Szenen bereit hält. Insgesamt hat mich Julie von Kessels Roman sehr bewegt und ich empfehle ihn von Herzen gerne weiter.


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4 Kommentare

Wolfgang Weiland 3. September 2024 - 15:17
das werde ich zu lesen versuchen, danke für die schöne Rezension... lg Wolfgang
Marie 3. September 2024 - 15:24
Ich hoffe sehr, dass es dir gefällt, lieber Wolfgang. Mich hat es zumindest sehr bewegt. Liebe Grüße an dich!
Zeilentänzerin 15. September 2024 - 14:00
Hey Marie, das Buch habe ich erst einige, wenige Male gesehen und wusste auch gar nicht, worum es geht. Bewegende Familiengeschichten sind ja aber auch ganz nach meinem Geschmack =) Schönen Sonntag dir, Zeilentänzerin
Marie 15. September 2024 - 14:04
Huhu ☺️ Ich glaube wirklich, dass das auch ein Buch für dich ist. Es war durchweg ein Lesegenuss. Ich hoffe, du genießt den Sonntag. Liebe Grüße Marie
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