Werbung: Herzlichen Dank an den Eichborn Verlag für das Rezensionsexemplar.
Auf Bright Young Women von Jessica Knoll habe ich mich sehr gefreut, denn bereits ihr Roman Ich.bin.so.glücklich. hat mich aufgrund der Thematik sehr beeindruckt. Meine Erwartungen an Knolls neuen Roman waren also hoch.
Bright Young Women – worum geht es?
Ein Samstag im Jahr 1978 in Florida: Mitten in der Nacht dringt ein Mann in ein Studentinnenwohnheim ein. Er geht von Zimmer zu Zimmer und tötet mehrere Bewohnerinnen. Schon bald wird er als einer der bekanntesten Serienmörder der USA bekannt sein. Doch er wurde bei seiner Tat beobachtet. Die Überlebenden, darunter Hauptzeugin Pamela Schumacher, wird diese Nacht für immer verändern. Sie sind alle zum Opfer geworden. Aber sie erzählen hier ihre Perspektiven, sie bleiben Herrinnen ihrer Geschichten. Und sie jagen den Täter auf eigene Faust – gegen Widerstände aus Justiz und Polizei; gegen die öffentliche Meinung, die den Serienmörder idolisiert.
Klappentext
Keine Bühne für den Täter
Inspiriert von wahren Begebenheiten ist Jessica Knoll mit ihrem Roman Bright Young Women eine kraftvolle Geschichte gelungen. Das liegt vor allem an dem Fokus, den die Autorin für ihr neues Buch gewählt hat. Sie hat sich dafür entschieden, einem weltweit bekannten Serienmörder keine große Bühne zu bieten. Und zwar in dem Maße, dass sein Name im gesamten Buch nicht ein einziges Mal fällt. Stattdessen hat sich die Autorin dafür entschieden, Frauen in den Mittelpunkt zu stellen. Diese waren seine Opfer, wurden getötet oder haben überlebt, oder sie wurden auf andere Weise in den Dunstkreis seiner grausamen Taten gezogen.
Ich habe es so satt, zu sehen, wie sie mit ihren gebügelten Hemden und Cowboystiefeln in bequemen Ledersesseln sitzen und in unfassbar erfolgreichen, von Kritikern gefeierten Dokumentationen über die Intelligenz, den Charme und die Raffinesse eines gewöhnlichen Frauenhassers reden. Die Geschichte ist eine andere. Die Wahrheit ist eine andere.
Seite 107
Authentisch und stark
Jessica Knolls Roman fesselt mit seiner hervorragend geschriebenen Geschichte, die auf mehreren Zeitebenen spielt und vor allem aus der Sicht von Pamela und Ruth erzählt wird. Pamela erhält im Jahr 2021 einen Brief, der sie in die 1970er Jahre und zu einem furchtbaren Ereignis in ihrer Studentenzeit zurückkatapultiert. Damals hatte sich ein Mann Zutritt zu ihrer Studentenverbindung verschafft, zwei Mädchen getötet und zwei weitere schwer verletzt. Pamela war die einzige, die den Mann im Haus gesehen hat, und dieses Erlebnis lässt sie ihr ganzes Leben nicht mehr los.
Ruth nimmt uns mit in die 1970er Jahre und in ein Leben, das von ihrer harten Mutter bestimmt wird, und wo sie ihre Liebe zu Frauen nicht ausleben darf. Zum Verhängnis wird ihr ein heißer Tag am Strand, wo sie auf einen Mann trifft, der sie um einen kleinen Gefallen bittet.
Die Protagonistinnen sind authentisch und vielschichtig. Sie zeigen die Herausforderungen, mit denen Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft konfrontiert sind. Ihre Gefühle waren für mich immer greifbar und gerade Pamelas Stärke, trotz der furchtbaren Ereignisse und dem Verlust von Freundinnen, hat mich sehr beeindruckt.
Ich habe versucht zu verstehen, warum sich jemand, der seine Opfer nicht vorher ausgekundschaftet hatte, letztendlich die Besten und Klügsten aussucht. Und ich glaube, das war genau der Punkt, der sie alle verband – ihr Licht überstrahlte seines. […] Er will uns auslöschen – wir sind diejenigen, die ihn daran erinnern, dass er gar nicht so klug und gar nicht so gut aussehend ist, wie er denkt, sondern dass er überhaupt nichts Besonderes ist.
Seite 235
Trauer und Verlust
Bright Young Women hat mich durch seine vielfältigen Themen begeistert und sehr bewegt. Trauer und Verlust sind allgegenwärtig und wie die Leben der Überlebenden aufgrund des Traumas belastet sind, war manchmal sehr bedrückend. Doch Jessica Knoll beschreibt die Trauer nicht nur als ein persönliches, sondern auch als kollektives Gefühl, dass die Frauen verbindet. Ganz stark zeigt die Autorin, wie die Geschichten von Frauen (gerade bei solchen Gewalttaten) ignoriert oder gar verzerrt werden (Stichwort: Ja warum hat sie sich auch so angezogen, kein Wunder, dass sie vergewaltigt/ermordet wurde.) Mich hat das Buch stellenweise so wütend gemacht. Der frauenhassende Mörder wird ins Rampenlicht gestellt und angehimmelt und die Frauen sehen sich teilweise extremen Anfeindungen entgegen. Ein doppeltes Leid. Furchtbar!
Ich gebe Folgendes an euch weiter: Der Mann war kein diabolisches Genie. Er war ein durchschnittlicher Incel, den ich im Gerichtssaal beim Popeln beobachtet habe. Mehrmals.
Seite 202
Keine Sensationsgier
Ich finde Jessica Knolls Umgang mit den wahren Ereignissen sehr gelungen. Sie schafft es, die Schwere dieser Taten zu vermitteln, gerät jedoch niemals in den Bereich der Sensationsgier. Ich habe große Probleme mit expliziten Gewaltdarstellungen und auf diese verzichtet die Autorin zum Glück weitestgehend. Natürlich gibt es einige blutige Details (diese sind ja eh bekannt, wurden sie doch durch Filme und das Internet hinlänglich gestreut), aber sie werden in knappen Sätzen ohne Ausschmückungen dargeboten. Sie teilt nur das nötigste mit, was ich sehr gut fand.
Das Ende hat mich noch einmal sehr berührt, und ich habe das Buch mit feuchten Augen beendet. Bright Young Women ist ein großartiges Buch und eines meiner Highlights in diesem Jahr.
Ich glaube fest daran, denn die Natur ist das allerbeste Beispiel für Integration. Dinge wachsen anders, wenn sie beschädigt sind, sie zeigen uns, wie man neuen, unbekannten Raum einnimmt, um rot und nicht mehr grün zu blühen. So kann man uns finden, denn wir sind heller als zuvor.
Seite 457
Fazit
Bright Young Women ist ein hervorragender Roman, der sowohl emotional als auch gesellschaftskritisch ist. Mit einer kraftvollen Sprache thematisiert Jessica Knoll die Rolle der Frau in einer männerdominierten Welt und sorgt damit für einige Wut während des Lesens. Sie schreibt auch über Trauer und Verlust und verschafft insgesamt ein sehr atmosphärisches Leseerlebnis. Eine ganz große Empfehlung für alle, die ein Buch lesen wollen, in dem nicht der Täter in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern seine Opfer. Ein absolutes Highlight.
Bright Young Women von Jessica Knoll
Am 25.10.2024 im Eichborn Verlag erschienen.
Übersetzt von Jasmin Humburg.
ISBN: 978-3-8479-0189-1 / 461 Seiten
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